Autoreninterview mit Heike & Stefan Risthaus


Autorensteckbrief
Name: Heike & Stefan Risthaus

Wohnort: Wolfsburg

Veröffentlichte Spiele:
Ostia (Stefan Risthaus)


Heike und Stefan Risthaus auf der Spielemesse in Essen 2006.

Am letzten Tag der "Spiel 06" in Essen, hatte ich das Vergnügen, erstmalig Stefan und Heike Risthaus zu treffen.

Am letzten Tag der Messe, das heißt nassgeschwitzt vom Spieletütentragen, übermüdet von stundenlanger Hatz von einem Termin zum nächsten und mit einem von neuen Spielregeln aufgeblähten Gehirn erschlafft durch die Gänge schlurfen um auf jede Menge anderer erschöpfter Wesen zu treffen, die sich in irgendeiner Form mit dem Thema "Spielen" befassen. Am SAZ-Stand dann die Überraschung. Das Ehepaar Risthaus. Es befindet sich an einem Stehtisch, lächelt freundlich, und aller Stress fällt spontan in dieser Sekunde von mir ab.

Wie das kommt? Zunächst einmal scheinen die beiden quasi in sich selbst zu ruhen. Sie wirken unheimlich nett, entspannt, aufgeschlossen, und man merkt ihnen sofort an, dass sie sich unheimlich lieb haben. Die beiden zusammen wirken wie der Fels in der Brandung, oder wie der der Würfel, der immer die "6" zeigt.

Das Interview allein nur mit Stefan, dessen Konzept ich eigentlich schon seit Januar fertig habe, erscheint mir plötzlich wenig reizvoll, viel mehr freue ich mich auf ein Gespräch mit einem Spieleautoren-Ehepaar, so unglaublich viele davon gibt es ja nicht. Nach dem Erfolg von Ostia, möchte ich natürlich von Stefan wissen, wie es weitergehen soll in Sachen Spiele, und bekomme prompt den Prototyp seines neuen Spieles "Phaistos" zu erblicken, sowie eine dazu passende Erläuterung, die Lust auf "mehr" macht. Dabei fällt mir auf, dass bei Stefans Spielen historische Themen als Vorlage fungieren.

Stefan sagt, dass sich derlei historische Themen einfach anbieten. Auf ihrer beider Hochzeitsreise nach Kreta schlenderten sie durch alte Ruinen und ließen einfach ihre Phantasie spielen und schon war eine neue Spielidee geboren. Natürlich schließt sich daraufhin die nächste Frage an, was kam zuerst, der Spielmechanismus oder das Thema? In diesem Falle ganz klar das Thema - wie meistens bei den beiden.
Vor allem Heike Risthaus geht es so. Sie hört eine Redewendung und schon sprudeln die Ideen zu einem schönen Spiel. Wenn sie diese erklärt, dann funkeln dabei ihre Augen voller Begeisterung. Um so witziger, dass sie diese Ausführungen mit einem lapidaren, beinahe schüchternem: "und ja..das ist es" beendet. Ich bin einfach mal dreist und frage sie weswegen sie das so zurückhaltend formuliert. Nunja, weil ihre Konzepte ja nun mal vergleichsweise einfach sind, gegen die Komplexen.., und deutet dezent auf ihren Gatten. Eigentlich weiss sie selber, dass dieser Einwand unbegründet ist, sie entwickeln ja ohnehin alles zusammen, spielen etliche Testrunden miteinander, aber derjenige mit der Grundidee gibt dem Spiel halt seinen Namen und entscheidet letztlich über die diskutierten Änderungsmöglichkeiten. So einfach ist das.

Es soll ja die einen oder anderen Spieleautoren geben, die mit ihrem Auftreten die ganze Nation an ihrer Präsenz, Wichtigkeit und Genialität teilhaben lassen möchten. Um so mehr freue ich mich über zwei völlig normale Menschen mit guten Einfällen und dem Elan, diese auch umzusetzen. Dann möchte ich gerne wissen, ob die beiden sich vorstellen können, das Ganze vielleicht hauptberuflich zu machen. Nein können sie nicht, und dieser Ausruf kommt entschieden. Heike hat viele gesehen, die es nicht schaffen. Vor allem aber soll kein Druck dabei sein, produzieren zu müssen. Stefan fügt hinzu, dass das Spieleerfinden gerade für ihn als Anwalt nur ein optimaler Ausgleich ist. Der Spaß hat Priorität.

Wir stellen gemeinsam fest, dass noch weitere Termine auf uns warten und schlagen einen gemeinsamen Weg ein. An einem Verkaufsstand deutet Heike auf ein Spiel. "Guck mal, die haben Ostia." Stefan nickt. Ich möchte gerne wissen wie es ist, sein eigenes Spiel in etlichen Läden und an vielen Ständen zum Verkauf zu sehen. Irgendwie habe ich schon mit einer Antwort gerechnet, die das Wort "Stolz" beinhaltet. Statt dessen erwidert Stefan einen Satz, der die Fragmente "seltsam" und "ziemlich gutes Gefühl" beinhaltet. Ich lache. "Stolz ist so negativ behaftet." fügt er hinzu, als hätte er meine Gedanken gelesen. Wir verabschieden uns, danach trennen sich unsere Wege.

Das Team von Goodgameguide ist neugierig und diese Eigenschaft unterstellen wir auch unseren Lesern. Daher könnt Ihr hier unsere brennensten Fragen an das Ehepaar Risthaus lesen, und natürlich auch die passenden Antworten:



Das ist unsere GGG- Standardfrage, die Pöppelfrage: Wenn ihr ein Brettspiel spielt, gibt es eine Figurenfarbe die ihr immer nehmt?
Heike: Ich spiele am liebsten mit Blau
Stefan: Ich bin da eher leidenschaftslos, wenn es nicht gerade Rosa oder Braun ist.


Welches sind Eure absoluten Lieblingsspiele? Habt Ihr einen Geheimtipp?

Heike: Die Siedler von Catan (rauf und runter, insbes. Städte und Ritter), Caylus, Niagara; Herr der Ringe (Buch) Geheimtipp: Können Schweine fliegen, Make´n break
Stefan: Die Siedler sind immer noch ein Renner. Ansonsten Strategiespiele mit historischem Hintergrund wie Antike oder auch Säulen der Erde. Geheimtipp: Space Dealer.


Werden Eure Freunde, Familie und Bekannte zu Testrunden gezwungen, oder mit Kuchen bestochen, oder machen alle freiwillig mit?
Beide:
Eigentlich versichern uns alle glaubwürdig, dass sie freiwillig mitmachen *. Das merkt man vor allem daran, dass sie nach ein paar Tagen oder Wochen von sich aus fragen, ob wir den ein oder anderen Prototypen nicht noch mal zum weiteren Testen mitbringen können.

Gibt es noch andere Hobbies außer Spiele? Wenn ja, welche sind das?

Heike: Sudokus, Backen, Basteln, Lesen (vor allem Krimis, Tolkien und Karl May)
Stefan: Baseball-Umpire (Schiedsrichter)
Beide: Unsere Tochter Fabia.


Heike, Du wirst auf der Spielwarenmesse in Nürnberg, Februar 2007 Deinen Erstling vorstellen. Magst Du kurz erklären wie das Spiel heißt und worum es geht?
Heike:
Bei "Blindes Huhn" geht es im Wesentlichen um die Versteigerung von Karten mit Zahlenwerten unterschiedlicher Farben. Der Clou ist, dass die Karten vom Talon verdeckt gezogen werden und nur der Versteigerer alle kennt, von denen er eine oder zwei den anderen zeigt. Mit den Karten muss man spätere Karten bezahlen, so dass sich die eigene Auslage ständig ändert. Am Ende zählen nur 3 der 5 Farben in der eigenen Auslage. Außerdem gibt es die namensgebenden "blinden Hühner", die Minuspunkte zählen, wenn sie nicht noch das sprichwörtliche „(goldene) Korn" finden.




Erste Eindrücke von Heike Risthaus' neuem Spiel "Blindes Huhn"

Stefan, auch Dein neues Spiel steht in den Startlöchern. Was hat die geneigte Spielergemeinschaft zu erwarten?
Stefan:
Ein Spiel um monumentale Bauwerke und historische Quellen, in denen über diese Monumente der Geschichte berichtet wird. Das Bauen der Monumente reicht nicht zum Gewinnen, sie müssen auch Eingang in die Geschichte finden, worüber die Mitspieler mitentscheiden - und dann gibt es noch Nachahmer, die einem den Ruhm für die eigenen Monumente streitig machen. Mehr wird noch nicht verraten.

Gibt es schon Projekte und Einfälle für die Zukunft, über die Ihr berichten mögt?
beide:
Unsere neuen Projekte stehen noch am Anfang - da können wir noch nicht so genau sagen, in welche Richtung die sich entwickeln.
Allerdings hat Stefan die Testspieler mit einem für ihn eher untypischen Würfel-Spiel-Prototypen überrascht - mal sehen, was daraus wird. Heike könnte sich vorstellen, eine Kinderspiel-Idee um Kuchenrezepte weiter zu bearbeiten.

Wie seid Ihr auf die Idee gekommen, Szenarien für "Die Siedler von Catan" zu entwerfen?
Beide:
Das kam durch den Aufruf in der ersten Auflage der Seefahrer-Erweiterung, Ideen an KOSMOS zu schicken. Da unsere ersten eigenen Anfänge für eigene Spiele etwas unbefriedigend waren, haben wir uns mal an eine Abwandlung eines bestehenden Spiels gewagt.

Was war der ausschlaggebende Punkt, Spiele zu erfinden, gab es ein AHA- Erlebnis oder eine spontane Eingebung?
Stefan:
Schon Silvester 1991 hatte ich eine einfache Spielidee, die wir in einer Familien-Runde ausprobiert hatten. Dann ist das mehr oder weniger eingeschlafen, bis der Erfolg im Siedler-Szenarien-Wettbewerb mir wieder Mut gemacht hat, an eigenständigen Ideen zu basteln.
Heike:
Als Kind hab ich mal eine „Indoor-Version“ von Crockett gebastelt. Dann hab ich noch alte Spielpläne ohne Zubehör auf dem Dachboden gefunden, dazu habe ich mir Regeln ausgedacht und Ereigniskarten gebastelt (z. B. „Reise durch Sachsen“). Und schließlich bin ich seit 13 Jahren mit Stefan zusammen, da fallen einem durchaus auch eigene Sachen ein. Das „Blinde Huhn“ ist mir mal eingefallen, als ich nicht schlafen konnte ;o).

Gibt es besondere Vorteile, wenn man gemeinsam Spiele erfindet und entwickelt? Oder gravierende Nachteile?
Beide:
Die Vorteile liegen eigentlich auf der Hand. Wenn jemand von Außen auf die Sache schaut, entdeckt er immer wieder neue Möglichkeiten und kann dem ursprünglichen Idee-Geber aus einer Sackgasse helfen oder die Idee noch verbessern. Der „Nachteil„, immer eine zweite Meinung berücksichtigen zu müssen, ist unseres Erachtens eher ein Vorteil, weil durch die Diskussion ein gewisser Filter entsteht und man nicht mit jeder unausgereiften Idee auf seine Testspieler losgeht.

Habt Ihr Euch schon einmal so richtig fies gestritten, wobei ein Spiel der Auslöser war?
Stefan:
Das kommt schon mal vor, weil wir auch als Ehepartner während eines Spiels "Gegner" sind (Das finden die Mitspieler meist sogar ganz angenehm, jedenfalls besser als ein gegenseitiges "Lieb zueinander sein, weil Du mein Ehepartner bist"). Nach der Partie ist das dann aber (in der Regel sehr schnell) wieder vergessen.
Heike:
Gestritten ist das falsche Wort. Man ist halt mal ein wenig maulig, wenn einem der andere beim Spielen in die Parade fährt, aber da ist es eigentlich egal, ob es der Partner ist oder nicht. Aber ein Spiel ist halt ein Spiel, sowas ist schnell wieder vergessen.

Heike, Deine Idee, zukünftig (auch) Kinderspiele zu entwerfen liegt nach eigenen Aussagen nicht daran, dass Du kürzlich Mutter einer kleinen Tochter geworden bist. Kannst Du Dir vorstellen bald welche für sie zu entwickeln?
Heike:
Warum nicht? Allerdings würde ich wohl auch versuchen, sie bei einem Verlag unterzubringen. Wenn die sie dann nicht haben wollen, hätte Fabia dann Einzelstücke - vorausgesetzt, sie mag sie ;o).

Werden bei Euch Spiele unter dem Weihnachtsbaum liegen?
Beide:
Das können wir uns natürlich jetzt nicht gegenseitig eingestehen, die Erfahrungen der letzten Jahre sprechen aber dafür.

Vielen Dank für das Interview.

Das Interview wurde von Millibeth am Sonntag den 22.10.2006 geführt.